©IG BAU
16.01.2019
Frauen
Bei einem meiner schönsten IG BAU Frauenseminare litt Susi an einer „Scheinschwangerschaft“. Das war im Sommer 2005 in Gladenbach zum Umgang mit Stress. Susi hatte nach einem Insektenstich einen dicken, knallroten Bauch und saß nur noch mit Eisbeuteln im Raum.
Alle wohlgemeinten Ratschläge, doch zum Arzt zu gehen, wehrte sie lachend ab und erklärte, sie sei halt jetzt scheinschwanger. Typisch Susi! Sie hatte sicher Schmerzen, doch das hielt sie nicht davon ab, engagiert mitzuarbeiten. Eine neue Kollegin, die große Probleme im Betrieb hatte, nahmen die Mädels aus dem Ruhrpott unter ihre Fittiche. Jahre später habe ich diese Frau bei einer Demo der Gebäudereinigung in Frankfurt wiedergetroffen. Da war sie Betriebsrätin und hatte gerade erfolgreich ihre angemessene Eingruppierung eingeklagt.

Susanne Neumann hat viel für die „Putzen“, wie sie sich und ihre Kolleginnen fast liebevoll bezeichnete, in der Öffentlichkeit getan. In zahlreichen Auftritten hat sie immer wieder die prekäre Lebenssituation von Beschäftigten im Niedriglohnbereich deutlich gemacht, Befristungen und Leiharbeit angeprangert sowie die finanziellen Folgen im Alter. Ich habe ihr mal einen kleinen „Redestein“ geschenkt. Den habe sie auch im Fernsehen immer dabei, erzählte sie mir. Das sei ihr Talisman..

Susi war eine sehr eigenwillige Frau, die Konflikte nicht scheute. „Ich habe eine große Klappe“, erklärte sie öfter. Die machte sie schlagfertig und manchmal etwas unüberlegt. Es gab Situationen, da habe ich mich über sie geärgert und gedacht: Hättest Du doch einfach mal den Mund gehalten Susi! Aber ich konnte immer hinterher mit ihr darüber reden.

Bei all ihren Macken war Susi hilfsbereit und mitfühlend für die Probleme ihrer Kolleginnen. Obwohl ihr Schwerpunkt in der Branchenarbeit lag, hat sie sich auch über viele Jahre im bezirklichen Frauenarbeitskreis engagiert, hat an vielen Aktionen zum 8. März mitgewirkt.

Susanne Neumann war von Herzen Gewerkschafterin, eine IG BAU Frau – eine von uns – die viel zu früh und sehr schmerzhaft gehen musste. Sie hat gekämpft bis zum Schluss. Jetzt kämpfen die Frauen in der IG BAU ohne Dich weiter Susi, und wir werden Dich nicht vergessen.

Sylvia Honsberg, Bundesfrauensekretärin der IG BAU